Flachsernte 2012
Ein guter Anfang
Die Bedingungen zur Aussaat waren in den drei Hauptanbauländern sehr gut. In ein optimales Saatbett waren in Frankreich und Belgien bereits Mitte bzw.Ende März zwei Drittel der Gesamtfläche ausgesät, in den Niederlanden war die Aussaat Anfang April abgeschlossen. Insgesamt wurden in Westeuropa etwa 80.000 Hektar Flachs ausgesät. Die Größenordnung der Aussaatfläche entsprach in etwa dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre und war der Marktsituation angemessen.
Gleichmäßiger Auflauf
Die guten Aussaatbedingungen in Verbindung mit ausreichenden Niederschlägen und relativ hohen Temperaturen ermöglichten einen gleichmäßigen und vollständigen Auflauf der Bestände. Allerdings stieg damit auch der Unkrautdruck an, so dass vielfach zwei Spritzgänge mit Mitteln gegen Unkräuter notwendig wurden.
Schnelles Streckungswachstum
Mitte Mai waren in den südlichsten französischen Anbaugebieten häufig bereits Stängellängen von 20 cm erreicht, ausgiebige Niederschläge in den drei Haupterzeugungsländern sowie hohe Temperaturen führten insgesamt zu einem ungewöhnlich schnellen Streckungswachstum der Pflanzen.
Schneller Aufstieg – tiefer Fall
Zu Beginn der 3. Junidekade kam es sowohl in Frankreich als auch in Belgien zu schweren Regenfällen mit Starkwind. Die etwas kürzeren oder spät gesäten Bestände waren weniger stark geschädigt; hier half das windige Wetter in der ersten Juliwoche den Pflanzen beim Wiederaufrichten (reversibles Lager). Besonders wüchsige Standorte mit hoher Bestandesdichte blieben jedoch mehr oder weniger Flächen deckend liegen (irreversibles Lager). Wie stets in solchen Fällen waren es die zunächst vielversprechensten Flächen, die
am härtesten getroffen wurden.
Mehrstufige Ernte
Der erste Ernteschritt, das Raufen, begann auf den früh gesäten Flächen bereits Anfang Juli.
Das Gros der Flächen wurde etwa von Mitte Juli bis Anfang August gerauft, ganz am Ende standen bis Mitte August die ins Lager gegangenen und die zur Saatgutgewinnung bestimmten Flächen. Das Raufen wurde besonders in Frankreich durch sehr ergiebigen Niederschläge Mitte und Ende Juli behindert, welche die Ackerflächen teilweise bis zu einer Woche unbefahrbar machten. Zudem trockneten ins Lager gegangene Bestände extrem langsam ab; dabei war es schon schwierig genug trockenen Lagerflachs zu Raufen – nasser Lagerflachs strapazierte Maschinen und Nerven auf das Äußerste.
Der zweite Ernteschritt, das Wenden, erfolgte, je nach Wetter und Menge des Aufwuchses, etwa zwei bis vier Wochen nach dem Raufen. Das führte dazu, dass viele Anbaubetriebe einer Doppelbelastung von gleichzeitigem Raufen und erstem Wendedurchgang ausgesetzt waren.
Dies war besonders gravierend auf den rund 12.000 ha umfassenden Vermehrungsflächen, da hier in der Regel bei dem ersten Wendedurchgang auch die Samenkapseln abgetrennt werden; dies ist jedoch nur bei sehr trockenen Bedingungen möglich.
Der generell starke Aufwuchs des Jahres 2012 und daraus resultierend ein dicker „Röststrohteppich“ verlangte sehr viel Regen für eine vollständige Röste. Dieser machte sich jedoch in August und September sehr rar, so dass viele Flächen nur knapp geröstet bzw. bis zu vier Mal gewendet mit dem dritten Ernteschritt, dem Pressen, geborgen werden konnten.
Bei günstigeren Witterungsbedingungen als in Frankreich waren in Belgien und den Niederlanden Mitte September die Erntearbeiten abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war in Frankreich weniger als die Hälfte der Aussaatfläche geborgen. Dort zog sich die Bergung bis Ende Oktober hin, bevor etwa 6000 Hektar schließlich aufgegeben werden mussten. Ein Teil davon musste sogar auf dem Feld verbrannt werden, weil einerseits sein Wert nicht einmal die Kosten für das Bergen rechtfertigte und andererseits ein Unterpflügen aufgrund der schieren Masse nicht möglich war.
Erträge
Von der geernteten Fläche von etwa 75.000 ha wird ein Langfaserertrag von etwa 128.000 t sowie ein Wergertrag von etwa 45.000 t erwartet. Dies entspricht einem durchschnittlichen Langfaserertrag von etwa 1,7 t/ha bzw. einem Wergertrag von 0,6 t/ha, mithin einem Gesamtfaserertrag von 2,3 t/ha. Dies sind überdurchschnittliche Erträge, die zu einem guten Teil auf knapp gerösteten und damit ausbeutestarken Flachs sowie sehr hohe Stroherträge zurück zu führen sind. Zum Vergleich: In Osteuropa gilt ein Ernteertrag von 0,25 t/ha Langfaser und 0,6 t/ha Werg, entsprechend 0,85 t/ha Gesamtfaser durchaus als zufrieden stellend.
Die durchschnittlichen Preise für Langflachs, dem Ausgangsprodukt für feinste Textilien, bewegen sich im oberen Drittel des langjährigen Preiskorridors, mittlere Qualitäten werden um 2,20 €/kg gehandelt, Spitzenqualitäten um 2,50€/kg. Besorgnis erregend ist der vergleichsweise hohe Preis von 1,60 €/kg bis 1,80 €/kg für mindere Langflachsqualitäten: in der Vergangenheit waren solche Verhältnisse oft Vorboten von einem massiven Marktumschwung.
Ökologisch angebauter Flachs
Die Nachfrage an qualitativ sehr hochwertigem, für feinste Garne geeignetem Langflachs aus kontrolliert biologischem Anbau ist aus der Kampagne 2012/2013 nicht zu bedienen. Besonders negativ in diesem Zusammenhang wirkte sich die lange Zeitdauer der Röste aus, in der auf ökologisch bewirtschafteten Flächen der ohnehin schon höhere Unkrautdruck durch den Wegfall der Konkurrenz der Kulturpflanze nochmals verstärkt wurde. Dadurch kam es zu einem unerwünschten Einwachsen des Flachsstrohes und damit zu einer deutlichen Qualitätsverschlechterung.